Gekommen, um zu bleiben

  • Gekommen, um zu bleiben


    Eine sehenswerte Ausstellung im Bonner Haus der Geschichte zeigt, wie Deutschland ungeplant zum Einwanderungsland wurde
    Von Andreas Schlick

    Dass auf dem Spielbogen der deutschen Nationalmannschaft mal ein Name wie Mesut Özil stehen würde, war lange undenkbar. Denn die Bundesrepublik hatte nie geplant, ein Einwanderungsland zu werden. Die sehenswerte Ausstellung „Immer bunter. Einwanderungsland Deutschland“ im Haus der Geschichte in Bonn zeigt, wie sie trotzdem wurde, was sie ist: das zweitbeliebteste Zuwanderungsziel der Welt. Die Botschaft der Schau: positiv. Aber keine Multikultiromantik.


    Am Morgen des 10. September 1964 herrscht am Bahnhof Köln-Deutz Aufruhr. Kameras werden montiert, Mikrofone aufgestellt, Kugelschreiber gezückt. Sogar eine Blaskapelle spielt. Und das wegen eines hageren Mannes, der nach 48 Stunden Fahrt hier angekommen ist, nervös an seinem Hut rumfummelt. „Offenbar hat der Neuling noch nicht begriffen, dass er und seinesgleichen für den deutschen Wohlstand unentbehrlich geworden sind“, sagt der Sprecher im Fernsehbericht. Der 38-jährige Portugiese Armando Rodrigues de Sá ist der einmillionste Gastarbeiter. Als Begrüßungsgeschenk bekommt er ein Moped der Marke Zündapp, Typ Sport Combinette.Das Moped steht heute im Haus der Geschichte in Bonn. Dort zeigt die Ausstellung „Immer bunter. Einwanderungsland Deutschland“ nicht nur die Geschichte des Mannes aus Vale de Madeiros. Sondern anhand von rund 800 Exponaten auch den kulturellen Wandel dieses Landes, den die 999.999, die vor, und die vielen, die nach dem Portugiesen hierherkamen, einleiten sollten. Bis aber der erste schwarze Karnevalsprinz Balam I., dessen Orden in einer Vitrine der Ausstellung hängt, eine Kampagne leiten darf, und Pizza in deutschen Esszimmern so normal ist wie Kartoffelsalat, dauert es.


    Zunächst geht es ums Geld. Mitte der 1950er-Jahre ist Wirtschaftswunderzeit, aber es fehlen Arbeitskräfte. Deshalb schließt Deutschland 1955 mit Italien das erste Anwerbeabkommen ab, Länder wie Spanien, Griechenland und die Türkei folgen. Die Menschen, die ins Land kommen, werden „Gastarbeiter“ genannt. Auf diese Sprachregelung hat sich die Politik geeinigt, denn die Helfer sollen auch wieder gehen. Noch ahnt keiner, dass sie gekommen sind, um zu bleiben. Auch sie selbst ahnen nichts.


    Die Ankömmlinge wohnen meist in Betriebsunterkünften, oft zu sechst in einem Raum. Manche müssen ihr Leben in einem kleinen Spind verstauen. Eines der Stockbetten, in denen viele schlafen, wurde für die Ausstellung aufgetrieben. Die Betten gibt’s damals, wie ein Werbeblättchen einer Möbelfirma dokumentiert, für 81,70 Mark. Auch auf „deutsche Ordnung“ wird geachtet. Der Betriebsleiter der Zeche Hannover lässt in einem Schreiben an seine marokkanischen Arbeiter mitteilen: „Bei Benutzung der Aborte bitte nicht auf die Aborttöpfe stellen.“ Die passende Übersetzung steht gleich mit dabei.


    1973 ändert sich die Lage wegen der Ölkrise. Das Anwerben wird gestoppt. Dennoch steigt die Anzahl der Ausländer, weil viele, die bereits hier sind, bleiben. Und sie holen ihre Familien nach. Aus dem „Gastarbeiter“-Staat wird faktisch ein Einwanderungsland. Es entstehen die ersten Migranten-Kieze, Sprachbarrieren und Bildungsdefizite werden nun offenkundig. Aber es werden auch deutsch-italienische Ehen geschlossen, Ausländerbeiräte gewählt. Ein vielsagendes Objekt ist ein Ramadankalender, den die mit einem Muslim verheiratete Hessin Ines Balcik für ihre Kinder gebastelt hat, um ihnen Islam und Christentum näherzubringen. Mit solchen Beispielen gelingt es, Nähe zu schaffen, weil Geschichte über Geschichten erzählt wird.


    Die Schau eröffnet in einer Zeit, in der die deutsche Gesellschaft sich wieder für Menschen aus anderen Kulturen öffnen muss. Die Flüchtlingsströme werden größer, ähnlich wie auch in den 1980er- und 90er Jahren. Neben Asylbewerbern kommen damals nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion viele Aussiedler. Zu dieser Zeit funktionieren die Verdrängungsmechanismen aber noch prächtig, denn viele wollen nicht wahrhaben, dass die Bundesrepublik bereits ein Einwanderungsland ist. Manchen Familien wird sogar Geld geboten, damit sie das Land wieder verlassen. Die Ausländerdebatte wird giftiger. Das dokumentieren auch Wahlplakate der Rechtsradikalen. Selbst der im Zweifel linke „Spiegel“ schreibt gerne das Wort „Asylanten“. Irgendwann brennen Häuser in Solingen und Mölln, in denen Migranten wohnen. Kinder sterben. Auch die zehnjährige Yeliz, deren Bild in Bonn zu sehen ist. Wiederholt sich die Geschichte? Erst vergangene Woche brannte eine für Asylsuchende vorgesehene Unterkunft in Franken. Und in Dresden demonstrieren seit einiger Zeit jeden Montag Tausende selbsternannter Patrioten der „Pegida“ gegen die Islamisierung Europas. Der Ton wird wieder rauer.


    Die Ausstellung zeigt trotz allem, dass Deutschland offener geworden ist. Die wenigsten werden heute nervös, wenn jemand in ihre Reihenhaussiedlung zieht, der zu Weihnachten nicht den Christbaum im Wohnzimmer aufstellt. Deutschland hat erkannt, dass es ein Land der vielen Kulturen geworden ist. Das Wort Integration gehört mittlerweile zur Standardvokabel der Politiker. Bundespräsident Joachim Gauck fasst die neue Identität so zusammen: „Es gibt ein neues deutsches ,Wir’. Das ist die Einheit des Verschiedenen.“


    Die größte Stärke der Bonner Ausstellung ist aber ihr Narrativ, dass aus Fremden Freunde, aus Unterschieden Gemeinsamkeiten werden können. Ohne dabei in Multikultiromantik zu verfallen. Denn die Schau geht den heiklen Themen nicht aus dem Weg. Seien es Integrationsprobleme oder religiöse Rasereien. Eine schwarze Burka, die in einem der Räume ausgestellt ist, deutet das an. Auch die Gasflaschen des gescheiterten Attentats eines Islamisten am Kölner Hauptbahnhof sind zu sehen. Aber auch ein Nagel, der nach dem Bombenanschlag der NSU im Körper eines Juweliers in der Keupstraße in Köln-Mülheim steckte.


    Dennoch lenkt die Schau den Blick auf die Kraft der Unterschiedlichkeit. Kurator Ulrich Op de Hipt sagt, dass die Ausstellung „ein Versuch ist, zum Verständnis beizutragen“. Aber vielleicht ist das ja schon größer als gedacht. Zum Beispiel bei einem Frank aus Dortmund, der im Gästebuch fragt: „Seit wann wir ein Einwanderungsland sind?“ Und gleich eine Antwort gibt: „Seit der Völkerwanderung!“


    Die Ausstellung:

    „Immer bunter. Einwanderungsland Deutschland“; bis 9. August 2015;
    Haus der Geschichte in Bonn; dienstags bis freitags, 9 bis 19 Uhr, samstags, sonntags und an Feiertagen, 10 bis 18 Uhr;
    Eintritt frei.
    Ein Begleitband zur Ausstellung ist erschienen.
    Weitere Infos gibt’s im Internet auf www.hdg.de.


    Quelle:
    Ausgabe Die Rheinpfalz - Ludwigshafener Rundschau - Nr. 295
    Datum Samstag, den 20. Dezember 2014
    Seite 8


  • Liebe Altautonarren und Heckttriebfanatiker,


    o.a. Artikel habe ich AUSSCHLIESSLICH wegen des Bezugs zum FORD-Bewegungsmittel (Transit, Granada, Taunus) eingestellt.


    Bitte einfach nur unter diesem Gesichtspunkt lesen - und verstehen.


    zu allem anderen: bitte "NUHR"-en


    Danke und mit fordlichen Grüßen
    Jürgen

  • Ich hol mir schonmal ein Bier. Beim Späti um die Ecke. Ihr werdet nicht erraten, wer sich da Sonntags hinstellt und für mich den Kühlschrank spielt.

  • Ich hol mir schonmal ein Bier. Beim Späti um die Ecke. Ihr werdet nicht erraten, wer sich da Sonntags hinstellt und für mich den Kühlschrank spielt.

    Ein aufrechter Reichsdeutscher, bestimmt. :D

  • Naja, wenns doch nur die Pensionäre des öffentlich-rechtlichen Rundfunks sind. Die tun doch keinem was. Zumindest keinem, der brav seine GEZ-Gebühren zahlt oder wie auch immer die jetzt heißen.

  • Liebe Altautonarren und Heckttriebfanatiker,


    o.a. Artikel habe ich AUSSCHLIESSLICH wegen des Bezugs zum FORD-Bewegungsmittel (Transit, Granada, Taunus) eingestellt.


    Bitte einfach nur unter diesem Gesichtspunkt lesen - und verstehen.


    zu allem anderen: bitte "NUHR"-en


    Danke und mit fordlichen Grüßen
    Jürgen

  • Jürgen, Du siehst doch das die Quatschköppe hier, weil "Ausländer" dran stand, uns erstmal erklären müssen, dass wir alle durch Überfremdung bedroht und sowieso in keinem richtigen Staat lebend und so weiter sind. Solche Ausfälle hatten wir hier ja schon öfter, und auch wenns mir lieber wäre, über die Transe zu reden (welche Umbauten wurden vorgenommen?), unkommentiert stehen lassen möchte ich den rechten Scheiß dann auch nicht.

  • haben die da noch mehr als "nur" den umgebauten transit?
    ich hab auch mal eine doku im fernsehen darüber gesehen, dass die gemüsehändler und andere immer den guten transit hatten und was die dazu sagen. teilweise fahren die ja heute noch die neueren modelle. man achtet da nicht so drauf. ist echt witzig.
    ich kann mir auch vorstellen, dass es sehr cool aussieht, wenn so ein aufgemachter transit durch den bosporus ackert. durch welche länder muss man denn, wenn man in die türkei fahren will?

  • Der direkte Weg vom Pott aus ist Österreich -> Slowenien -> Kroatien -> Bosnien-Herzegowina -> Serbien (das war damals natürlich alles Titos Jugoslawien) -> Bulgarien -> Türkei. Bis Ankara knapp 3000 km. Und das im Transit bzw. Granada Kombi.